Skip to main content

+ 49 (0)9542 - 77 13 66

Gebrauchte (Bass-)Gitarre versus neue (Bass-)Gitarre

Die Entscheidung zwischen einer gebrauchten und einer neuen (Bass-)Gitarre hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich: Wenn du ein begrenztes Budget hast und nach einem bestimmten Modell Ausschau hältst, kann eine gebrauchte Gitarre eine gute Option sein, da sie oft günstiger ist als eine neue. Das gilt aber nicht mehr für Saiten-Instrumente, die wenigstens 20 Jahre alt sind, denn deren Wiederverkaufspreis wächst tendenziell mit dem Alter und ist dann i. d. R. teurer als eine neue Gitarre.

Eine neue E-Gitarre oder ein neuer E-Bass hat hingegen den Vorteil, dass sie unbenutzt und optisch wie technisch in einem einwandfreien Zustand sind. Du kannst aus einer breiteren Auswahl an Modellen und Marken wählen und hast meist ein bis drei Jahre Garantie plus Rückgabeoption von wenigstens 14 Tagen. Für User ein Eldorado also. Für Händler ein Graus, denn die Instrumente kommen meist mit optischen Mängeln zurück und der Händler muss die (Bass-)Gitarre günstiger anbieten. Wenn du diese Optionen als signifikante Argumente für einen Neukauf betrachtest, dann brauchst du die weitaus besseren Gründe für den Kauf einer gebrauchten (Bass-)Gitarre nicht lesen.

Warum ist eine gebrauchte (Bass-)Gitarre einer neuen vorzuziehen?

Wenn du heute eine neue Gitarre bzw. Bassgitarre online bei einem der großen Musikhäuser von der Stange kaufst, bekommst du Ware, die zumindest im lackierten Zustand so aussieht, wie du das der Produktbeschreibung des Stores entnommen hast. Doch was machst du, wenn du eine E-Gitarre oder einen E-Bass im Natural-Look, also entweder farblos lackiert oder gewachst bzw. in einer offenporigen, bzw. Burst-Lackierung kaufen willst? Du bekommst mit Sicherheit optisch nicht die Version des Instruments, die du im Shop ausgesucht hast, denn Holz ist ein Naturprodukt und völlig individuell in Optik und Beschaffenheit. Zudem wäre es obendrein nicht von Nachteil zu wissen, ob der Body aus einem Stück Holz (One-Piece-Body) oder aus mehreren Parts (Stabholz) zusammengeleimt wurde. Darüber wirst du online kaum Informationen dazu finden. Bei lackierten Gitarren ist Mehrfachverleimung inzwischen ohnehin Usus! Es werden nur die faserreinen, astfreien Stücke als Natural-Bodys oder Burst-Bodys verwandt.

Und solltest du dich aufmachen, persönlich den Store eines dieser großen Musikhäuer zu besuchen, wird dir i. d. R. nicht die Auswahl des präferierten Instruments in verschiedenen Ausführungen angeboten. Du bekommst nicht einmal das Modell mit nach Hause, dass du im Shop gespielt hast, sondern das gleiche Modell aber fabrikverpackt aus dem Lager. Du kaufst daher mit neuen Gitarren oder Bässen immer die Katze aus dem Sack! Du weißt weder genau, wie die Gitarre aussieht, noch wie sie klingt. Und wenn du einmal mit Musikhändlern sprichst, geht die Retour eines solchen Kaufes meist mit optischen oder klanglichen Eigenschaften einher, die der Kunde so nicht wollte, weil er sich nur auf das Bild im Shop konzentriert hat und nicht bedachte, dass Holz immer anders aussieht. Der Dumme ist dann der Händler, diese Unbedachtheit gesetzlich verpflichtet ausbaden muss.

Um die zunehmende Rücksendung von Gitarren oder Bassgitarren halbwegs in Zaun zu halten, sind Online-Händler dazu übergegangen, auf Wunsch zumindest Fotos des Instrumentes zu übermitteln, was grundsätzlich für einen Kauf in einem persönlicheren Shop spricht. Du kannst elektronische Instrumente überall kaufen. Gitarren oder Bässe solltest du bei einem kundenorientierten, meist kleineren Händler erwerben.
Ebenso versucht man die Retour zu mit implementierten Hörbeispielen zu minimieren, die dem Käufer mehr Sicherheit im Kaufverhalten suggerieren soll. Dieser Versuch ist mit Erlaub völlig sinnbefreit, da jedes Instrument, auch innerhalb der gleichen Modellreihe andere Klangeigenschaften aufweist. Wer jemals ein Instrument gebaut oder miteinander verglichen hat, weiß so etwas. Und willst du den Klang eines Instruments tatsächlich mit den Lautsprechern deines Smartphones beurteilen? Und selbst wenn du davon überzeug bist, bekommst du jedenfalls nicht den Klang des explizit ausgesuchten Basses oder der ausgesuchten Gitarre. Du hörst standardisierte Audiofiles, die mit Sicherheit den Klang deiner bestellten Ware nicht eins zu eins abbilden.

Zudem hat die Neuware einer E-Gitarre oder eines E-Basses die Bewandtnis, dass sie im Vergleich zu einem häufig gespielten Instrument nachweislich weniger harmonische Klangmerkmale preisgibt. Man kann heute bei allen Herstellern so genannte Custom-Shop Gitarren oder Bässe bestellen, die im Voraus mit Tonsequenzen tagelang „bestrahlt“ werden. Offenbar beeinflussen Töne die molekulare Struktur des Holzes und formen die Holzfasern hinsichtlich des Klangflusses. Wer sich mit Physik und vornehmlich mit Quantenphysik beschäftigt weiß, dass es keine „feste“ Materie gibt, sondern dass alles in Schwingung ist. Dies gilt vor allem und in erster Linie gerade für ein Instrument!

Empfehlung zur Gebrauchtware

Aus meiner Spiel-Praxis seit 1977 heraus kann ich die Empfehlung aussprechen, sich ein gebrauchtes Instrument, sprich eine gebrauchte E-Gitarre oder einen gebrauchten E-Bass zu kaufen. Das hat einmal die Bewandtnis, zumindest optisch das Instrument zu bekommen, das abgebildet ist und weiter aus dem Fotomaterial ableiten kann, ob das Instrument häufig gespielt wurde oder unbespielt im Koffer über Jahre gelagert wurde. Ich würde lieber einen 30 Jahre alten gut bespielten Bass kaufen als eine 40 oder 50 Jahre alte Bassgitarre, die quasi wie Neuware als Dachboden- oder Kellerfund präsentiert wurde. Man kann sicher davon ausgehen, dass dieses Instrument nicht besonders klingt und vielleicht als Sammlerwert eine Bedeutung hat. Lass dich nicht ins Boxhorn jagen! Nicht jedes alte Instrument klingt automatisch gut! Als Faustformel dient dir daher: Was gut klingt, wurde gut bespielt! Suche dir also einen „Player“, der vom Besitzer gerne gespielt und vor allem gut behandelt wurde.

Der Hype mit Relictinstrumenten

Wenn die Farbe des Bodys als natürlicher Abrieb z. B. oben am Shape verloren ging, ist dies ein gutes Zeichen. Wenn aber Abplatzer im Lack sind ist dies ein deutlicher Indiz dafür, dass der Besitzer unachtsam mit dem Instrument umgegangen ist. Man muss das natürlich in Relation sehen, denn auch mir sind früher solche Unachtsamkeiten passiert. Stelle dir einmal vor, du bekommst eine Stradivari und bleibst beim Auspacken am Scharnier des Koffers hängen. Wenn alle Nutzer vor dir seit anno 1650 so mit dem Instrument umgegangen wären, lägen heute nur noch Sägespäne im Koffer. Ich bin daher kein Befürworter von Relict-Gitarren. Vor allem nicht von solchen Usern, die sich ihre Gitarre an eine lange Kette um den Bauch binden und die (Bass-)Gitarre durch die Fußgängerzone schleifen. So geht man nicht mit einem Instrument um. Abnutzungen allerdings, die durch das Spielen hervortreten, sind gewollt und natürlich und machen das Instrument in der Regel wertvoller. Als Restaurator werde ich solche Verletzungen nicht mehr kitten, höchstens farblich ausbessern, sollte der Besitzer das wünschen.

Bei einem Kauf gebrauchter Instrumente siehst du ferner die Maserung und die Qualität des Holzes. Hat die Gitarre oder der Bass ihre/seine Jahre gut überstanden und ist der Hals noch in einem perfekten Zustand? Falls ja, wird das Instrument mit Sicherheit die nächsten 30 Jahre noch gut überdauern und somit noch wertvoller was den Wiederverkauf angeht. Bei Neuware ist dies nicht mit Sicherheit zu sagen. Leider müssen viele Hersteller aus Kostengründen auf langjährige Lagerung des Holzes verzichten. Das Holz wird heute vakuumgetrocknet verarbeitet. Und dann haben wir noch die immer schlechter werdende Qualität von Hölzern, die vor allem für den Klang eines Instrumentes wesentlich ist. Solche Materialien sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Ich bezweifle, dass alte Strats in 400 Jahren noch bespielbar sind.

Wie du ein gutes Instrument findest

Schon aus diesem Grund solltest du auf der Suche nach deiner E-Gitarre oder deinen E-Bass keine Stangenware aus dem Onlinestore kaufen. Für einen Einstieg mag das gerechtfertigt sein. Du kannst Glück haben und ein Saiteninstrument bekommen, das aus einem guten Stück Holz gefertigt wurde und zufällig gut klingt. Das ist aber wie Lotterie spielen. Ein gutes Instrument muss man nicht suchen, sondern man muss innerlich dafür offen sein und dann kommt es auf dich zu. Du kannst auch in entsprechenden Kleinanzeigenforen, Flohmärkten oder etablierten Instrumentenportalen wie reverb.com recherchieren und fündig werden. Gut wäre es, wenn du das Instrument selbst in die Hand nehmen und anspielen kannst. Viele private Verkäufer wie ich und spezialisierte Shops bieten so etwas inzwischen an. Und bei einem Instrument, das vielleicht mehr als 2.000 € kostet, lohnt es sich auch, ein paar hundert Kilometer zu fahren. Wenn der Weg doch weiter ist, und es sich um eine E-Gitarre oder E-Bass der gehobenen Preisklasse handelt, kann man sicher vom Verkäufer Soundfiles von diesem Instrument anfordern. Wichtig ist bei allen Instrumenten, dass die beigefügten Papiere noch vollständig sind. Sind Modifikationen vorgenommen worden, sollten die originalen Austauschteile noch vorliegen. Modifikationen sind immer mit Wertverlust verbunden. Für dich mag vielleicht ein Austausch-Pickup die Soundlösung sein. Für den Wiederverkauf müssen aber die alten Tonabnehmer reinstalliert werden. Ansonsten wirst der Verkauf für dich möglicher Weise zum Verlustgeschäft.

Fazit

Es gibt wenig Gründe für ein Neuinstrument aber Dutzende Argumente für eine gebrauchte E-Gitarre oder einen gebrauchten E-Bass. Wer sein Spiel perfektionieren will und ein Instrument sucht, das seine Spielfreude wiederspiegeln soll, muss sich auf die Suche nach seinem persönlichen Instrument machen und vor allem Geduld haben. Meist wird man früher oder später bei einem gebrauchten Instrument der gehobeneren Preisklasse fündig. Wer vor allem noch jüngeren Semesters ist, und mit Sicherheit von sich behaupten kann, in 20 Jahren noch Freude am Spielen zu haben, sollte ohnehin ein Stradivari-Bewusstsein entwickeln. Will heißen, ich suche mir ein gut klingendes, schon älteres Instrument im guten, unverbauten Zustand und mit den typischen Klangeigenschaften. Ein Precision muss nach Precision klingen, ein Jazz-Bass nach Jazz-Bass oder ein Thunderbird nach Thunderbird. Das gleiche gilt für Stratocater -, Telecaster- oder Les Paul-Gitarren. Dieses „gefundene“ Instrument ist dann die persönliche Kapitalanlage, die erstens die spielerischen Fertigkeiten fördert und zweitens keinen finanziellen Verlust, sondern eher eine Rendite bedeutet. Wer billig kauft, kauft meistens mehrfach und torpediert dabei seine spieltechnische Herausforderung, die gute Instrumente bieten und fördern.